Lernen durch Beziehungsangebot
Nach Meinung von Joachim Bauer, Gerald Hüther und Manfred Spitzer - um nur einige der namhaften Neurobiologen und Lernforscher zu nennen - zählt die Annahme, das Verhalten eines Menschen sei im Wesentlichen durch seine Gene determiniert, zu den fatalen Irrtümern unserer Zeit.
Ebenso irrtümlich ist die Idee des „kompetenten Kindes“, welche die Auffassung vertritt, dass kognitive und emotionale Fähigkeiten des Kindes vererbt werden würden.
Laut den Erkenntnissen der modernen Hirnforschung ist für die Entwicklung und Lernbereitschaft der Kinder einzig und allein eine verantwortungsvolle Beziehung ausschlaggebend.
Damit Kinder/Jugendliche ihre ihnen angeborene Neugierde und Gestaltungslust ausleben können, brauchen sie Menschen, die sie für etwas begeistern und ihnen gleichzeitig das Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit geben können.
Als „Beziehungswesen“ sind sie angewiesen auf Zuwendung, Anerkennung und Wertschätzung, nur dadurch kann sich beim Kind/Jugendlichen Zuversicht und Selbstvertrauen entwickeln.
Wenn Kinder/Jugendliche die Erfahrung machen dürfen, dass Fehler zum Lernen gehören und dass das Auftreten von Problemen ohne Beschämung einhergehen kann, bleiben sie, so Gerald Hüther, im Lustzirkel des Ausprobierens und Entdeckens. Schritt für Schritt können sie so neue Herausforderungen suchen. Dadurch kommt es im Gehirn zu entsprechenden Verknüpfungen der Nervenzellen. Nach Ansicht Hüthers´ ist dies Lernen im besten Sinne - ein Lernzyklus von Versuch und Irrtum, den Kinder mit Lust und Begeisterung immer wieder durchlaufen wollen.
Müssen Kinder/Jugendliche jedoch immer wieder erleben, dass das, was sie entdecken oder gestalten wollen nicht richtig, beziehungsweise nicht gut genug ist, entsteht dadurch eine negative Lernschleife von Stress und Angst.
Um diese Angst und Unsicherheit überwinden zu können, bleibt meist nur ein fataler Ausweg: Das Kind/der Jugendliche kreiert ein negatives Selbstbild und sieht sich selbst als dumm, lernunfähig und versagend.
So kommt es zumindest zu einem, wenn auch fragwürdigen, „Erfolgserlebnis“: Das Kind weiß bereits im Voraus, dass es „dafür zu dumm ist“.
Solche negativen Selbstzuschreibungen werden im Gehirn verankert und bedeuten oft eine lebenslange Einschränkung der eigenen Möglichkeiten und Potenziale.